Seit Mitte März 2016 ist es da, das neue Wissenschaftszeitvertragsgesetz („Donaudampfschifffahrt“ kann jetzt nicht mehr mithalten), und seitdem kämpfen die Personalabteilungen der Hochschulen um die Deutungsmuster und damit um die Schlupflöcher, die ein Befristen von aus dem Haushalt finanzierten WD-Stellen doch noch ermöglichen sollen. Weder WN-Stellen (WN = Wiss. Nachwuchs – da ist es wieder, dieses infantilisierende Wort) noch Drittmittelstellen sind ein Problem. Die Verträge für letztere könnte man – rein rechtlich theoretisch – bis zum Ruhestand befristet gestalten. Und WN-Stellen mit der Promotion oder Habilitation als Ziel bereiten auch kein Kopfzerbrechen. Wie aber wird nun mit den Mittelbau-Stellen (noch so ein Wort) umgegangen, die als Rückrat für Forschung und Lehre (!) befristet waren, eben jene WD-Stellen, für die diese Gesetzesänderung eine Verbesserung bringen soll?
Die Verbesserung erschließt sich nur indirekt, wenn es in § 2 heißt: „(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt; …“. Das bedeutet im Umkehrschluß, dass eine Befristung nur noch zulässig ist, wenn nachgewiesenermaßen eine Qualifizierung erfolgt – und die Betonung darf auf den Weg zum Ziel gelegt werden. Es geht um Qualifizierung, nicht nur um eine Qualifikation. Wenn dies nicht vorgesehen ist, weil es sich um eine klassische WD-Stelle handelt, so sollte – so die Idee der WissenschaftspolitikerInnen – eine unbefristete Stelle ausgeschrieben werden.
Die Realität sieht aktuell in den meisten Universitäten leider wohl so aus:
1. Unsicherheit:
Das Ringen in den Personalabteilungen ist so groß, dass die Wiss. MitarbeiterInnen noch nicht einmal über die Konsequenzen, die sich aus dem neuen WissZeitVG ergeben, informiert werden.
2. Einstellungsstau:
Bis Mitte Mai wurden noch schnell massenhaft Verträge nach altem Recht verlängert, jetzt kann man WD-Stellen mit der Lupe suchen.
3. Schlupfloch Teilzeit- und Befristungsgesetz:
§ 1, Abs. 2 WissZeitVG besagt: „Unberührt bleibt das Recht der Hochschulen, das in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Personal auch in unbefristeten oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen.“ Und jetzt wird es arg, denn diese zweite Option wird immer beliebter bei den Hochschulen und ihren Leitungen. Befristete Anstellungsverhältnisse nach dem TzBfG unterliegen folgender Auflage (§14): „Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; … Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“ Ergo werden die ehemaligen WD-Stellen, die nun ohne Qualifizierung nicht mehr befristet werden können (denn dann sind es WN-Stellen) und eigentlich entfristet werden müssten, mit neuen ArbeitnehmerInnen für maximal zwei Jahre befristet besetzt. Die entsprechenden Stellenausschreibungen enthalten dann den folgenden Passus: „Die Berücksichtigung von Personen, die bereits an der Hochschule XYZ beschäftigt sind oder vor weniger als drei Jahren beschäftigt waren, ist leider nicht möglich.“
Dieses Schlupfloch gehört damit zu den nicht intendierten Folgen intentionalen Handelns: Statt mehr entfristeten Stellen in der Wissenschaft gibt es ein Mehr an Entlassungen (denn die ehemaligen WD-MittelbaulerInnen können sich auf solche Stellen nicht bewerben), ein Mehr an Hire-and-Fire (denn die neuen WD-lerInnen dürfen nur maximal zwei Jahre bleiben) und ein Weniger an Qualität (denn alle zwei Jahre müssen neue MitarbeiterInnen eingearbeitet werden, während die erfahrenen MitarbeiterInnen gehen müssen).
Wie lange wird es wohl dauern, bis die Kurzsichtigkeit dieses Handelns für die Hochschulleitungen erfahrbar wird? Wie lange noch werden die Hochschulleitungen so handeln können, weil es ausreichend qualifizierte BewerberInnen für diese prekären TzBfG-Stellen gibt?
Hoffentlich nicht lange …